Mehr als 10,8 Millionen smarte Masten bis 2030

smart poles
Sheila Zabeu -

März 29, 2023

Große urbane Zentren wie die brasilianische Metropole São Paulo beherrscht ein unschönes Bild: Ein Gewirr von Leitungen und Kabeln herrscht hier vor. Es geht nicht nur mit Unterbrechungen bei der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen wie Energie, Telefon und Internetzugang einher. Gleichzeitig bringt es auch Risiken für die Bevölkerung und finanzielle Verluste für Unternehmen mit sich – ganz zu schweigen von der visuellen Verschmutzung, die das Stadtbild wie ein großes Durcheinander aussehen lässt.

Um uns auf den Fall São Paulo zu beschränken: Die Stadtverwaltung hatte vor, bis 2018 rund 52 Kilometer Strom-, Telefon- und Fernsehkabel zu vergraben und mehr als 2.000 Masten in der Hauptstadt zu entfernen. Nach fast fünf Jahren, die in der Praxis nicht viel Veränderung zeitigten, haben die öffentliche Verwaltung und die beteiligten Unternehmen erklärt, dass ein neuer Zeitplan entwickelt wird.

Draht- und Kabelinfrastrukturen sind ein wesentlicher Bestandteil großer urbaner Zentren und können daher bei städtischen Projekten im Allgemeinen und bei intelligenten Städten im Besonderen nicht vernachlässigt werden. Das veraltete Konzept der intelligenten Stadt hält jedoch nicht, was es verspricht. „Es werden neue Ansätze in Form von skalierbaren, ganzheitlichen und effektiven Lösungen benötigt, um intelligente urbane Infrastrukturen zu gestalten und ihren Einsatz zu beschleunigen“, sagt Dominique Bonte, Vice President of Markets and Verticals bei ABI Research.

Smarte Masten fungieren dabei als multifunktionale Knotenpunkte für intelligente städtische Infrastrukturen, die vernetzte Beleuchtungs- und Versorgungspunkte umfassen. Sie können ein kosteneffizienter, skalierbarer und modularer Rahmen für die Bereitstellung des gesamten Spektrums intelligenter urbaner Infrastruktur werden: Von kleinen 5G-Zellen und Wi-Fi-Zugangspunkten bis hin zu Überwachungs- und Verkehrskameras, Beschilderungen und Informationsanzeigen, Lösungen zur Überwachung von Luftqualität oder Hochwasser-Risikopunkten sowie als Orte zum Laden und Entladen.

Die wichtigsten Technologieanbieter für intelligente Masten sind Ubicquia, Verizon, Huawei, Signify, Nokia/LuxTurrim5G und Ekin Smart City Solutions.

Laut einer Studie von ABI Research werden die Investitionen in Smart-Pole-Technologien weltweit von 10,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 auf mehr als 132 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 steigen. Bis 2030 ist geplant, mehr als 10,8 Millionen intelligente Masten zu installieren.

Diese Zahl schließt auch Investitionen in intelligente Korridore ein, die verschiedene Technologien umfassen – darunter kooperative adaptive Ampeln und Straßeninfrastrukturen, die autonomes Fahren ermöglichen, den Verkehrsfluss optimieren, die Verkehrssicherheit verbessern und den nachhaltigen Transport über längere Strecken erleichtern werden. Zu den wichtigsten staatlichen Initiativen für intelligente Korridore gehören das Programm „Connecting Europe Facility“ (CEF2) der Europäischen Union zur Finanzierung und Einrichtung von 5G-Korridoren und der „Bipartisan Infrastructure Act“ (BIL) der Vereinigten Staaten.

Weitere aktuelle Beispiele

Im vergangenen Februar kündigte Kaohsiung, die größte Hafenstadt Taiwans, ein 1,5 Millionen US-Dollar teures Smart-Pole-Projekt an. Die Lösung nutzt die Utilus Smart Pole-Technologie von Iveda, die Videoüberwachung, KI-basierte Videoanalyse, ein intelligentes Stromversorgungssystem sowie standortbasierte Tracker und intelligente Sensoren auf einer zentralen Plattform zusammenführt.

Die multifunktionalen und intelligenten Masten von Utilus werden der Stadt Kaohsiung bei der Bewältigung verschiedener urbaner Herausforderungen helfen. Dazu gehört u. a. die Verbesserung des Park- und Verkehrsmanagements, das leichtere Laden von Elektroautos und sogar die Erkennung und Benachrichtigung der Behörden bei Überschwemmungen durch Echtzeitwarnungen.

Die Laternenmasten von Kaohsiung werden miteinander kommunizieren können und ein verteiltes Netzwerk für die Videoüberwachung aufbauen. Sie helfen auch bei der remote Verwaltung von Geräten wie Wasser- und Stromzählern.

Die Utilus-Plattform besteht aus einem drahtlosen Mesh-Kommunikationsnetzwerk mit WiFi-, 4G- und 5G-Fähigkeiten sowie anderen drahtlosen Protokollen nach Bedarf. Sie umfasst auch ein Batteriesystem zur Energiespeicherung, das einen kontinuierlichen Betrieb gewährleistet. Die Stadt kann die Installation bei Bedarf um KI-fähige Kameras, Umwelt- und Verkehrssensoren erweitern. Die intelligenten Masten bieten der Stadt Kaohsiung auch Möglichkeiten zur Monetarisierung, z. B. durch die Schaltung von Werbung.

Eine weitere Stadt, die das Konzept der intelligenten Masten bereits übernommen hat, ist Seoul: Im Rahmen eines Projekts werden dort Straßenbeleuchtungssysteme, Verkehrsampeln, Umweltsensoren, Schrittzähler, Smartphone-Ladegeräte, Wi-Fi-Zugangspunkte und Videoüberwachung zusammengeführt. Die Masten sind mit spezifischen Funktionen ausgestattet, die auf die Bedürfnisse jeder Region der Stadt angepasst sind. Außerdem sollen künftig Drohnen und Elektrofahrzeuge helfen, Parkverstöße zu erkennen, potenzielle Katastrophen zu überwachen und bei Rettungseinsätzen zu helfen. Die Spitzen der Masten dienen dabei den Drohnen als Aufladungspunkte.

Cora Glables, eine Stadt in der Nähe von Miami in den USA, setzt ebenfalls intelligente Masten mit künstlicher Intelligenz ein, die Live-Videos und Echtzeit-Analysen an die Informations- und Notrufzentralen der Stadt übermitteln. Die Lösung greift auf KI zurück, um anhand von Sensordaten Informationen für die öffentliche Verwaltung und die Bürger bereitzustellen. Die Masten verfügen über Wi-Fi- und 5G-Verbindungen sowie über Verkehrssysteme und Umwelt-, Verkehrs- sowie Sicherheitssensoren.

Die Europäische Union will unterdessen 10 Millionen smarte Straßenlaternen aufrüsten, die mit Solarenergie betrieben werden und der Bevölkerung verschiedene Dienste anbieten können. In europäischen Städten gibt es aktuell zwischen 60 und 90 Millionen Straßenlaternen, von denen 75 % älter als 25 Jahre sind. Auf sie entfallen zwischen 20 und 50 % der Energierechnung einer Stadt; insgesamt belaufen sich die jährlichen Energiekosten für die Straßenbeleuchtung auf 3 Milliarden Euro. In diesem Bereich nicht aktiv zu werden heißt, jede Woche 200 Millionen Euro an Energie zu verschwenden.

„Das Hauptmotiv für den Einsatz intelligenter Masten ist die Verdichtung der Netze in Form von 5G- und künftigen 6G-Kleinzellen sowie die Nutzung des gesamten mmWave-Funkspektrums. Wir erwarten, dass das Telekommunikations-Ökosystem zumindest teilweise die in Smart Poles eingebetteten Smart-City-Funktionen finanziert“, erklärt Bonte.

Die größten Hindernisse für Smart-Pole-Projekte sind das gemeinsame Eigentum an den Anlagen und deren Verwaltung. Zu den weiteren Herausforderungen gehören: die Prioritäten der Behörden, Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bei den durch Sensoren generierten Daten und ein mangelndes Bewusstsein für die Vorteile, die sich für die Städte aus den Monetarisierungsmöglichkeiten ergeben – zum Beispiel in Form von Kosteneinsparungen und Werbeeinnahmen.