Kuiper-Projekt: Amazon präsentiert drei neue Antennen

antena para acesso à rede de internet via satélite da Amazon
Sheila Zabeu -

März 23, 2023

Amazon ist nun auch offiziell mehr als nur Versandhaus und Streamingdienst: Auf einer Konferenz der Satellitenbranche in Washington D. C. stellte das Unternehmen erstmals drei Antennenmodelle für das Kuiper-Projekt vor. Dabei handelt es sich um eine geplante Konstellation von Satelliten im erdnahen Orbit (Low Earth Orbit, kurz: LEO). Einzelheiten zu diesem Projekt gab Amazon im November 2021 bekannt. Dabei enthüllte der Internetriese, dass er Gemeinden auf der ganzen Welt, die wenig oder gar nicht versorgt sind, künftig einen schnellen Bandbreitenzugang bieten will.

Um den Dienst nutzen zu können, ist die Installation einer externen Antenne (Terminal) notwendig, die mit den Satelliten kommuniziert. Laut Amazon waren diese Geräte bisher zu groß, zu komplex und zu teuer – und verhinderten somit Initiativen zur Verringerung der digitalen Kluft.

Auf der Veranstaltung stellte Amazon nun drei kostengünstige Terminalmodelle vor, mit denen das Unternehmen mehrere zehn Millionen Kunden bedienen will. Das ehrgeizige Ziel: Ein Gerät zu bauen, das weniger als 500 Dollar kostet und dabei kleiner und leichter als herkömmliche Designs bleibt. Amazons Ingenieurteam arbeitet deshalb aktuell daran, seine Terminals noch kleiner, erschwinglicher und funktionsreicher zu machen.

Die Standardantenne des Kuiper-Projekts ist weniger als 27,94 cm (11 Zoll) groß und 2,54 cm (1 Zoll) dick. Ohne die Halterung wiegt sie nicht einmal fünf Pfund – und kann Geschwindigkeiten von bis zu 400 Megabit pro Sekunde (Mbps) bieten. Zudem liegen die von Amazon geplanten Produktionskosten unter 400 Dollar pro Stück.

Das kleinste Antennendesign ist 7 Zoll (17,78 cm) groß, wiegt nur ein halbes Pfund und garantiert Geschwindigkeiten von bis zu 100 Mbps. Das Modell eignet sich zum einen für Privatkunden, die niedrigere Kosten anstreben. Zum anderen profitieren auch Regierungs- und Unternehmenskunden von diesem Terminal, z. B. bei Anwendungen im Bereich der terrestrischen Mobilität und im Internet der Dinge (IoT).

Das dritte Modell ist für anspruchsvollere Anforderungen im Bezug auf die Bandbreite gedacht: Es misst 19 Zoll mal 30 Zoll und ermöglicht Übertragungsraten von bis zu 1 Gigabit pro Sekunde (Gbps).

Die Terminalmodelle des Kuiper-Projekts verwenden einen von Amazon entwickelten Chip mit dem Codenamen Prometheus. Dieser vereint gleich mehrere Funktionen: Neben der Verarbeitungsleistung der 5G-Karten in Smartphones bietet der Chip auch die Fähigkeiten einer Mobilfunkbasisstation, um den Datenverkehr tausender Kunden auf einmal zu verwalten. Zugleich eignet er sich auch als Mikrowellen-Backhaul-Antenne zur Unterstützung von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Prometheus kommt dabei auch in den eigenen Satelliten und Bodenantennen des Kuiper-Projekts zum Einsatz. Laut Amazon ist es so möglich, auch in den Randbereichen des Satelliten Datenverkehr mit bis zu 1 Terabit pro Sekunde (Tbps) zu verarbeiten.

Das Unternehmen plant, die ersten beiden Prototypen der Satelliten in der ersten Hälfte des Jahres 2024 zu starten – mit dem Jungfernflug der Vulcan-Centaur-Rakete der United Launch Alliance (ULA). Die Mission soll den Ingenieuren des Kuiper-Projekts helfen, realistische Daten über die Leistung der Systeme im Weltraum zu erhalten sowie das End-to-End-Kommunikationsnetz zu testen. Parallel dazu nimmt Amazon den Betrieb in großem Maßstab auf. Das Ziel ist es schließlich, kommerzielle Dienste anzubieten. Die ersten Kunden sollen bis Ende 2024 Zugang zu dem Service haben.

Dies käme genau zur rechten Zeit: Bereits Anfang 2022 stellte SpaceX von Elon Musk seine LEO-Satelliten vor. Diese versprechen höhere Geschwindigkeiten und Übertragungsraten – für eine einmalige Gebühr von 2.500 Dollar für die Hardware plus weiterer 500 Dollar pro Monat für den Dienst. Starlink-Basismodelle kosten dagegen etwa 500 Dollar für die Hardware und 100 Dollar pro Monat für den Dienst.

Expandierender, aber umstrittener Markt

Satelliten im erdnahen Orbit (LEO) haben das Potenzial, das Internet zu revolutionieren. Für Millionen von Menschen in abgelegenen und ländlichen Gemeinden ohne Internetanschluss ließe sich damit auch endlich die Online-Welt erschließen. Laut Daten der Internationalen Fernmeldeunion waren im Jahr 2021 noch immer 2,9 Milliarden Menschen offline – 96 % davon lebten in wirtschaftlich schlecht entwickelten Ländern.

Angesichts dieser Zahlen ist ein Wettlauf um die LEO-Satelliten zu erwarten. So hat die Europäische Union (EU) vor kurzem Pläne für ein sechs Milliarden Euro teures LEO-Satellitensystem angekündigt, das einen besseren Breitbandzugang in der Region gewährleisten soll. Das Projekt ist Teil der Bemühungen, die Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen zu verringern. Zudem sollen so wichtige Kommunikations- und Überwachungsdatendienste vor Eingriffen von außen geschützt werden.

Auch SpaceX investierte bereits kräftig in diese Entwicklungen und bietet Dienste in Dutzenden von Ländern auf allen Kontinenten an. Das Raumfahrtunternehmen verfügt über mehr als 2.000 funktionstüchtige Satelliten in der Erdumlaufbahn. Doch das Wachstum der Starlink-Konstellation von Musk ist umstritten: Mitglieder der wissenschaftlichen Gemeinschaft haben Bedenken geäußert – denn die Satelliten wirken sich zunehmend auf die Sichtverhältnisse im Nachthimmel aus. Darüber hinaus haben Konkurrenten von SpaceX regulatorische Debatten mit den Behörden angestoßen, um die Entwicklung von Starlink zu bremsen.

Zum Vergleich: OneWeb ist einer der Konkurrenten von SpaceX. Dessen Hauptsponsoren sind neben der britischen Regierung auch das indische Unternehmen Bharti Enterprises sowie das französische Unternehmen Eutelsat. Das Kommunikations- und Infrastrukturunternehmen hat bislang 350 Satelliten in der Umlaufbahn stationiert und plant nun, seine Konstellation zu verdoppeln. Doch selbst dann wäre die Anzahl seiner Satelliten noch immer weitaus weniger, als dies aktuell bei Starlink der Fall ist.