Früherkennung von Lungenkrebs: Inhalierbare Sensoren können helfen

Inhalable point-of-care urinary diagnostic platform
Sheila Zabeu -

Februar 05, 2024

Eine frühzeitige Diagnose ist bei vielen Krebsarten gleichbedeutend mit einer Heilung. Am MIT wurde nun eine Technologie entwickelt, die insbesondere dem Kampf gegen Lungenkrebs bedeutenden Aufwind geben könnte. Dabei sollen Nanopartikelsensoren inhaliert und anschließend durch einen Urintest ausgelesen werden.

Diese diagnostischen Sensoren gelangen über einen Inhalator oder Vernebler in den Körper. Dort erzeugen sie Marker, die sich im Urin ansammeln, wenn sie auf Lungenkrebsproteine treffen. Diese Marker lassen sich anschließend mit einem einfachen, speziell für diese Untersuchung entwickelten Teststreifen nachweisen.

Diese Methode wird als potenzieller Ersatz oder als Ergänzung für den derzeitigen Goldstandard der Lungenkrebsdiagnose, die Computertomographie, gehandelt. Wird diese Methode realisiert, so wird sie den für die Innovation verantwortlichen Forschern zufolge einen bedeutenden Einfluss auf die Krebsfrüherkennung in Entwicklungsländern haben: CT-Scanner sind dort nur begrenzt verfügbar.

Jüngste Erhebungen zeigen, dass die Sterblichkeitsrate bei Lungenkrebs in Ländern mit einem hohen Entwicklungsindex (HDI) immer weiter zurückgeht. Dies ist zum Teil auf erhebliche Fortschritte bei den Früherkennungs- und Behandlungsmethoden zurückzuführen. Auf der anderen Seite ist die Sterblichkeitsrate in Ländern mit niedriger und mittlerer Kaufkraft immer noch unverhältnismäßig hoch, was mit der späteren Erkennung der Krankheit im fortgeschrittenen Stadium zusammenhängt. Daher ist der Zugang zu dieser Art von erschwinglicher Technologie, wie z. B. inhalierbare Sensoren, so wichtig.

Die Forscher des MIT haben die letzten zehn Jahre damit verbracht, Nanosensoren für die Diagnose von Krebs und anderen Krankheiten zu entwickeln. In dem aktuellen Projekt untersuchten sie die Möglichkeit, die Sensoren als leichter zugängliche Alternative zur CT-Untersuchung auf Lungenkrebs einzusetzen. Frühere Versionen der Sensoren, die auf andere krebsverdächtige Organe wie die Leber und die Eierstöcke abzielten, waren für eine intravenöse Verabreichung konzipiert. Für die Diagnose von Lungenkrebs wollten die Forscher aber eine Variante entwickeln, die inhaliert werden kann, damit sie auch an Orten mit wenigen Ressourcen relativ einfach eingesetzt werden kann.

Die Sensoren selbst bestehen aus Polymer-Nanopartikeln, die mit sogenannten „DNA-Barcodes“ beschichtet sind. Diese Partikel werden vom Lungengewebe aufgenommen, wo sie mit bestimmten Enzymen – sogenannten Proteasen, die in Tumoren übermäßig aktiv sind – in Kontakt kommen können. Diese bösartigen Proteasen brechen die DNA-Barcodes der Sensoren auf und lassen diese durch den Körper zirkulieren, bis sie mit dem Urin ausgeschieden und durch einen Teststreifen aufgespürt werden können.

Die Forscher haben zwei Formulierungen der Nanosensoren entwickelt: eine in Form eines Aerosols, das per Vernebler verabreicht werden kann. Eine zweite Formulierung besteht als Trockenpulver, das über einen Inhalator in die Lungen gelangt.

Die Forscher testeten die Neuheit im Labor an Mäusen. Diese wurden genetisch so verändert, dass sie Lungentumore entwickeln, die denen des Menschen ähneln. Die Sensoren hat man 7,5 Wochen nach Beginn der Tumorbildung verabreicht: ein Zeitpunkt, der wahrscheinlich mit dem Krebsstadium 1 oder 2 beim Menschen korreliert.

Schema der Aufnahme der Sensoren im Tierversuch an genetisch veränderten Mäusen: Über einen Vernebler gelangen die Sensoren mit DNA-Barcodes in die Lunge, diese werden durch Lungenkrebsproteine ausgelöst und über den Urin abgeführt. Durch einen speziellen Teststreifen kann das Stadium von Lungenkrebs festgestellt werden.

Abbildung: Über einen Vernebler gelangt der Nanosensor mit DNA-Barcodes in die Lunge (2). Nach der Reaktion mit Proteasen (4) gelangen die markierten Barcodes über den Urin auf den präparierten Teststreifen, von dem sich das Krebsstadium ablesen lässt (8).

Bei der ersten Testreihe am MIT wurden 20 verschiedene Sensoren verwendet. Mithilfe eines Algorithmus für maschinelles Lernen ermittelten die Forscher eine Kombination aus nur vier Sensoren, die eine genaue Diagnosen liefern konnte. Beim Menschen sind möglicherweise mehr Sensoren erforderlich, um genaue Ergebnisse zu gewährleisten.

Die Forscher planen nun, menschliche Biopsie-Proben zu analysieren. Das soll helfen festzustellen, ob sich die Sensoren tatsächlich zur Erkennung von Krebserkrankungen bei Menschen eignen. Langfristig hofft das Forscherteam, klinische Versuche an menschlichen Patienten durchführen zu können.

Das Unternehmen Sunbird Bio hat bereits Phase-1-Tests mit einem ähnlichen Sensor durchgeführt, der zur Diagnose von Leberkrebs und einer Form der nichtalkoholischen Hepatitis eingesetzt werden soll. Ein Artikel über diese Innovation wurde Anfang des Jahres in der Zeitschrift Science Advances veröffentlicht.

Nach Angaben von Polaris Market Research wird der Weltmarkt für medizinische Einwegsensoren voraussichtlich von 10,4 Mrd. US-Dollar im Jahr 2023 auf 42,4 Mrd. US-Dollar im Jahr 2032 ansteigen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 16,9 Prozent in diesem Zeitraum. Medizinische Einwegsensoren werden zur Diagnose, Überwachung und Kontrolle einer Reihe von physiologischen Merkmalen bei Patienten verwendet und nach Gebrauch entsorgt.