Brasilien startet Pilotprojekt für digitale Beipackzettel

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Sheila Zabeu -

Juli 20, 2024

Die nationale Gesundheitsaufsichtsbehörde (Anvisa) hat die Umsetzung eines Pilotprojekts für digitale Packungsbeilagen in Brasilien genehmigt. Der Plan ist, auf der Verpackung bestimmter Arzneimittel einen zweidimensionalen Barcode (QR-Code) anzubringen, der den schnellen Zugriff zum Beipackzettel ermöglicht.

Der auf der Verpackung aufgedruckte QR-Code führt nicht nur zur digitalen Packungsbeilage des Medikaments, sondern bietet auch Zugang zu weiteren Informationen – wie beispielsweise Videos und Anleitungen zur richtigen Anwendung des Arzneimittels.

Das Projekt soll bis zum 31. Dezember 2026 andauern. In diesem Zeitraum werden Informationen gesammelt und überwacht, die später als Grundlage für die zukünftige Verordnung der digitalen Packungsbeilage dienen soll, so Anvisa.

Laut Anvisa-Direktor Daniel Pereira steht der Vorschlag zur Einführung der digitalen Packungsbeilage in Brasilien im Einklang mit den Modernisierungs- und digitalen Transformationsmaßnahmen im Gesundheitssektor – und folgen auch dem globalen Trend. „Dies ist der erste Schritt beim Übergang von Papier- zu elektronischen Informationen über Medikamente. Wir sehen das Projekt als eine Gelegenheit, die Zugänglichkeit und Personalisierung von Gesundheitsinformationen zu verbessern“, äußert sich Pereira.

Zunächst werden digitale Beipackzettel für die folgende Arten von Medikamenten zugelassen:

  • Gratisproben von Arzneimitteln, die dem Patienten nur vom Arzt im Rahmen eines Beratungsgesprächs ausgehändigt werden dürfen – mit der entsprechenden Verschreibung für die Anwendung und den dazugehörigen Hinweisen.
  • Medikamente für Gesundheitseinrichtungen, ausgenommen Apotheken und Drogerien. Der Verkauf ist in Krankenhäusern, Kliniken, Ambulanzen und häuslichen Pflegediensten erlaubt, da diese Arzneimittel unter der Aufsicht von Gesundheitsfachleuten verwendet werden sollen.
  • Nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die ein geringes Risiko darstellen und derzeit ohne Beipackzettel in Apotheken zum Verkauf stehen. Wer Zugang zur gedruckten Packungsbeilage möchte, kann diese in der Apotheke anfordern.
  • Arzneimittel, die für die Regierung bestimmt und in Behältern verpackt sind, die das Markenzeichen des Gesundheitsministeriums tragen. Die aktuelle Gesetzgebung befreit weitgehend von der Beilagepflicht.

Trotzdem soll Papier bestehen bleiben: In einer Erklärung betonte Anvisa, dass auch in Fällen, in denen digitale Packungsbeilagen erlaubt sind, gedruckte Versionen auf Anfrage von Patienten oder Gesundheitsfachleuten zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Verordnung sieht auch vor, dass Geschäfte, die Arzneimittel verkaufen, die Verbraucher durch visuelle Kommunikation über die Möglichkeit informieren müssen, die gedruckte Packungsbeilage anzufordern.

Öffentliche Konsultation

Der von Anvisa genehmigte Vorschlag für die digitale Packungsbeilage wurde zwischen Dezember 2023 und März 2024 einer öffentlichen Konsultation (CP 1.224/2023) unterzogen. Die Initiative ist in Gesetz 14.338 geregelt, das am 12. Mai 2022 in Kraft trat. Es sieht die Errichtung des nationalen Arzneimittelkontrollsystems der Bundesregierung vor, dass die Überwachung von Medikamenten entlang der gesamten Produktionskette vom Herstellungsprozess bis zum Verbrauch durch die Bevölkerung zum Ziel hat.

Die zuständige Bundesgesundheitsüberwachungsbehörde ist dazu verpflichtet, die digitalen Packungsbeilagen auf autorisierten Websites zu hosten. Die jeweiligen Laboratorien können zusätzliche Informationen einfügen, die dem vollständigen und aktuellen Inhalt der gedruckten Packungsbeilage entsprechen. Das Format muss leicht lesbar und verständlich sein und die Umwandlung des Textes in Audio und/oder Video durch eine entsprechende Anwendung ermöglichen. Zudem müssen die Labore ein System zur Erstellung von Arzneimittelverteilungskarten unterhalten, um Chargen und Empfänger von Arzneimittellieferungen zu identifizieren.

Weltweit

Die Europäische Kommission überlässt jedem Land die Entscheidung, ob die Packungsbeilage in elektronischem Format, Papierformat oder beidem vorliegt. Eine von der Europäischen Kommission am 26. April 2023 vorgelegte Neuformulierung des Rechtsrahmens für pharmazeutische Produkte bietet die Möglichkeit, das elektronische Format der Packungsbeilage im Allgemeinen beizubehalten. Eine gedruckte Version muss jedoch auf Anfrage und ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung gestellt werden.

Laut dem Wall Street Journal könnte ein im US-Kongress eingebrachter Gesetzentwurf die Regeln aufheben, die gedruckte Packungsbeilagen vorschreiben. Befürworter des Gesetzentwurfs argumentieren, dass medizinisches Fachpersonal die Beilagen nur in den aktuellsten elektronischen Versionen konsultiert. Die Fürsprecher der Papierpackungsbeilage hingegen argumentieren, dass diese häufig zum Einsatz kommen und dazu beitragen, eine ordnungsgemäße Verwendung von Medikamenten sicherzustellen.

Japan und andere Länder haben die digitale Packungsbeilage bereits eingeführt. In diesem Kontext weist das Wall Street Journal darauf hin, dass die Vereinigten Staaten jährlich etwa 90 Milliarden Blatt Papier einsparen könnten, wenn sie dem Beispiel Japans folgen würden. Dies entspricht laut Schätzungen des Environmental Paper Network mehr als 3,8 Millionen Tonnen Emissionen aus der Papierproduktion und -entsorgung – oder rund 10,9 Millionen Bäumen.