Neue Initiative: Frankreich und China starten Satellitenkonstellation für IoT

Kineis nano-sat
Sheila Zabeu -

Juni 17, 2024

Zwei Länder treiben ihre Initiativen zur Satellitenanbindung für das Internet der Dinge (IoT) voran: Frankreich und China. Im EU-Land startet der Betreiber Kinéis die erste spezielle IoT-Konstellation in Europa, die aus 25 Nano-Satelliten besteht. In China wurden Ende Mai vier neue Satelliten gestartet. Nach Angaben der South China Morning Post wird die chinesische Tianqi-Konstellation bis Ende des Jahres über 38 Kleinsatelliten für die Konnektivität intelligenter Geräte verfügen; dabei ist eine Erweiterung auf militärische Anwendungen geplant.

Im französischen Szenario ist der Start der ersten fünf Kinéis-Satelliten in die Umlaufbahn für den 18. Juni 2024 von Neuseeland aus geplant – genau vier Jahre, nachdem das Unternehmen eine Finanzierung in Höhe von 100 Millionen Euro erhalten hat. Dies wird der 50. Start der Rakete Electron sein – sie gehört zu Rocket Lab, einem amerikanischen Unternehmen neuseeländischen Ursprungs. Seit 2017 führt das Raumfahrtunternehmen regelmäßig Flüge mit dieser Rakete durch.

Die für die Aufstellung der Kinéis-Konstellation erforderlichen Starts sollen zwischen Juni 2024 und Anfang 2025 stattfinden. Nach Angaben des Unternehmens ist dies eine Premiere für den französischen Raumfahrtsektor. Mit der künftigen Konstellation von 25 Nano-Satelliten will Kinéis Objekte überall auf der Welt, auch in sogenannten „schwarzen Flecken“, verbinden und Daten nahezu in Echtzeit übertragen.

Kinéis ist mit Niederlassungen in den Vereinigten Staaten, Brasilien und Singapur auf dem Weltmarkt in Bereichen tätig, die große Herausforderungen mit sich bringen. Dazu gehören beispielsweise die Prävention von Naturgefahren, landwirtschaftliche Aktivitäten, die Überwachung von Infrastrukturen und Stromnetzen, Transport und Logistik, kommerzielle Schifffahrt und Wissenschaft.

Chinesische Satelliten

Die chinesische Tianqi-Konstellation wird von Guodian Gaoke gebaut und betrieben – einem privaten, kommerziellen Raumfahrtunternehmen und Anbieter von IoT-Lösungen mit Sitz in Peking. Die Raketenfirma Galactic Energy brachte bereits die vier Satelliten Tianqi 25-28 von einer mobilen Plattform vor der Küste der ostchinesischen Provinz Shandong aus ins All. Die Umlaufbahn ist 850 Kilometer von der Erdoberfläche entfernt.

Im Vergleich zu den zwei Dutzend Tianqi-Satelliten, die sich schon in der Umlaufbahn befinden, zeichnet sich die neueste Charge laut Guodian Gaoke durch größere Stabilität und höhere Kommunikationsgeschwindigkeiten mit einer globalen Abdeckungsrate von 10 Minuten aus.

Nach Angaben der Global Times wird die Tianqi-Konstellation derzeit unter anderem in den Bereichen Landwirtschaft, Katastrophenschutz, Tourismus, Wasserressourcen, Elektrizität, Öl, Meer, Umwelt und intelligente Städte eingesetzt. Auch im Bereich der Unterhaltungselektronik (z.B. bei Mobiltelefonen, Autos, tragbaren Geräten und Notfallausrüstungen) ist sie auf dem Vormarsch.

Über den Start von Satelliten hinaus hat Guodian Gaoke vom chinesischen Ministerium für Industrie und Informationstechnologie eine Lizenz erhalten, um über seine Satellitenkonstellation Weltraumfunkgeschäfte zu betreiben – ein Schritt, der die Entwicklung der kommerziellen Luft- und Raumfahrt in China unterstützen dürfte. Das Ministerium teilte der Zeitung außerdem mit, dass es beabsichtige, die Nutzung von Satellitenfunkfrequenzen und Orbitalressourcen weiter zu optimieren. Das Ziel: Chinas satellitengestütztes IoT-Ökosystem zu fördern.

Neben Guodian Gaoke entwickeln auch andere chinesische Initiativen Satellitenkonstellationen für das Internet der Dinge (IoT). Eines dieser Projekte, bekannt als Guo Wang, wurde 2021 gegründet und kann als Chinas Antwort auf Starlink gesehen werden. Über die Motive, die hinter der Finanzierung dieses Projekts stehen, wird vielfältig spekuliert – unter anderem über die chinesische Expansion auf dem afrikanischen Kontinent. Es wird erwartet, dass die Konstellation bis zu 13.000 Satelliten umfasst. Guo Wang wird von der Firma SatNet geleitet, die wiederum von der SASAC (Chinesische Kommission zur Überwachung und Verwaltung von Staatsvermögen) gegründet wurde.

Einer der Gründe, warum das Guo-Wang-Projekt jetzt an Bedeutung gewinnen könnte, ist der Erfolg von Starlink. Trotz seiner Erfolgsbilanz hat das Unternehmen von Elon Musk aber noch keine vollständige globale Abdeckung erreicht – und genau darauf könnten die chinesischen Initiativen abzielen: die teilweise Eroberung eines unerschlossenen Marktes, insbesondere großer Gebiete Afrikas, die noch nicht von Starlinks Diensten abgedeckt werden.

Neben kommerziellen Aussichten kann das Guo-Wang-Projekt Möglichkeiten in den ländlichen Gebieten des afrikanischen Kontinents eröffnen. So ließe sich die in der internationalen Politik als „Soft Power“ bekannte Maßnahme ausüben: Präferenzen durch Mitwirkung und nicht durch Zwang zu beeinflussen. Wenn es um Internetzugänge geht, werden sich also die afrikanischen Länder in Zukunft eher für die chinesische Satellitenkonstellation als für westliche Anbieter entscheiden.

GPS-Konkurrent

In einem Bericht der Global Times wurde zudem der rasche Wandel in Chinas kommerziellem Luft- und Raumfahrtsektor hervorgehoben, der über das Internet der Dinge hinaus wachsende Geschäftsmöglichkeiten erschließt. Das China Global Navigation Satellite System (GNSS) und die Location-Based Services Association (LBS) haben im vergangenen Mai ein Dokument herausgegeben, in dem die Entwicklung der chinesischen Branche für Satellitennavigation und Positionierungsdienstleistungen erörtert wird: Bis 2023 soll sie einen Wert von 74,2 Milliarden US-Dollar erreichen, was einem Anstieg von 7,09 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Davon profitiert unter anderem das BeiDou Navigationssatellitensystem (BDS), ein in China entwickeltes inländisches Navigationssystem für Satelliten: Es ist direkter Konkurrent des vom Verteidigungsministerium der US-Regierung entwickelten GPS – und wurde dem Bericht zufolge im Jahr 2023 durchschnittlich mehr als 600 Milliarden Mal pro Tag genutzt. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 400 Millionen mit BDS ausgestattete Geräte verkauft, davon 276 Millionen Smartphones. Das entspricht dem raschen digitalen Wandel in verschiedenen Wirtschaftszweigen.

Im Dezember startete China vom Xichang Satellite Launch Centre in der Provinz Sichuan im Südwesten Chinas zwei neue Satelliten, die von BDS-3 genutzt werden sollen.