Biomedizinische Quantensensoren: Neues Forschungszentrum gegründet

Novo Nordisk Foundation
Cristina De Luca -

April 20, 2024

Wie lassen sich die Gesetze der Quantenmechanik auf Sensoren anwenden, um die Diagnose und Prävention von Krankheiten zu verbessern? Forscher der Universität Kopenhagen, der Technischen Universität Dänemark und der University of Texas in Austin (USA) werden gemeinsam ein Forschungszentrum eröffnen, in dem genau diese Fragestellung untersucht werden soll. Das Zentrum wurde mit einer Spende der Novo Nordisk Foundation in Höhe von rund 22 Millionen US-Dollar eingerichtet.

„Sensoren gehören zu den am meisten ausgereiften Quantentechnologien und haben das Potenzial, die medizinische Diagnostik deutlich zu verbessern“, sagt Lene Oddershede, Senior Vice President der Novo Nordisk Foundation.

Nach Angaben der dänischen Stiftung ist es dank der Fortschritte in der Quantensensortechnologie möglich, kleinste Veränderungen in der Bewegung sowie in elektrischen und magnetischen Feldern viel besser zu erfassen und zu messen als mit klassischen Sensoren. Die auf der Quantenphysik basierende Technologie hilft, schwache Signale im Körper zu identifizieren – wie beispielsweise elektromagnetische Impulse, die vom Nervensystem, dem Herzen oder dem Gehirn ausgehen. Solche wichtigen Informationen können die Prävention und Früherkennung von Krankheiten erheblich erleichtern.

Das neue Zentrum für biomedizinische Quantensensorstudien befindet sich in Kopenhagen. Hier wollen die Forscher Fortschritte bei der Nutzung der Technologien zur Quantendetektion und Bildgebung in der medizinischen Diagnostik sowie bei Gesundheitsbehandlungen vorantreiben. „Dänemark verfügt über solide Initiativen auf dem Gebiet der Quantensensorik. Mit der Spende möchten wir die Entwicklung dieser leistungsstarken Technologie beschleunigen und sie aus den Labors in die klinische Anwendung bringen“, erklärt Oddershede.

Hauptziel des neuen Forschungszentrums ist die Entwicklung und Anwendung neuer Quantensensorprinzipien und -techniken für die biomedizinische Diagnostik, die nahe an den Quantengrenzen der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit und darüber hinaus operieren können. Daran sollen ultrasensible Geräte angebunden werden, die der Früherkennung von Krankheiten dienen. Sie ermöglichen außerdem eine tiefgreifende Erforschung zellulärer Systeme in noch nie dagewesenem Umfang – mit noch nie dagewesener Präzision.

In Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und Biomedizinern sollen neue atomare und quantenphysikalische Methoden entwickelt werden, die Antworten auf einige der drängendsten Gesundheitsprobleme geben könnten. Dazu gehört die Frühdiagnose von Herz- und Hirnanomalien sowie die Erkennung von Veränderungen im Stoffwechsel.

Beispiele aus der Forschung

Die Universität von Texas beispielsweise wird ihre Forschung auf den weltweiten Kampf gegen Eisenmangel konzentrieren. Davon ist etwa die Hälfte aller Kinder auf der Welt betroffen, mit verheerenden Auswirkungen auf die Gehirnfunktion während des gesamten Lebens. Zu diesem Zweck ist ein hochpräziser Test in der Entwicklung, mit dem die Aufnahme von Eisenpräparaten durch Säuglinge und Kleinkinder beurteilt werden kann. Dies ist jedoch bisher sehr teuer und erfordert eine sehr große Blutprobe. Durch den Einsatz von Quantensensoren wollen die Forscher mit kleineren Proben arbeiten, um genauere und eindeutigere Diagnosen zu erhalten.

Forscher des Niels-Bohr-Instituts (NBI) an der Universität Kopenhagen überwachen derzeit schon den Herzschlag von Föten mit Quantensensoren und führen andere heikle medizinische Untersuchungen mit dieser Technologie durch. Die Ergebnisse wurden bereits in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Hier zeigte sich: Quantensensoren können alle lebenswichtigen Vorgänge aufspüren, die mit kleinen Schwankungen der körpereigenen Magnetfelder und der Gewebeleitfähigkeit einhergehen. Die Herausforderung, zu deren Bewältigung die Arbeitsgruppe NBI beigetragen hat, besteht darin, zwischen den interessanten Signalen und verschiedenen Arten von Hintergrundrauschen zu unterscheiden.

Die Technische Universität Dänemark plant, mit experimentellen optischen und Festkörpersensoren zu arbeiten – einschließlich eines Quantenmikroskops, mit dem sich biologische Systeme in noch nie dagewesener Detailgenauigkeit untersuchen lassen.

Der von der Novo Nordisk Foundation gespendete Betrag wird für die erste sechsjährige Phase des Kopenhagener Zentrums für biomedizinische Quantensensorstudien verwendet. Die Mittel für Phase 2 werden in Zusammenarbeit mit der Pointsman Foundation aufgebracht. Nach Angaben von Allied Market Research wurde der weltweite Quantensensormarkt im Jahr 2022 auf 0,3 Milliarden US-Dollar geschätzt und wird bis 2032 voraussichtlich 1,11 Milliarden US-Dollar erreichen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 14,07 Prozent im Zeitraum zwischen 2023 und 2032. Experten schätzen, dass sich die größten Chancen gerade im medizinischen Bereich ergeben.