Frischer Wind für Data Center: Forscher präsentieren wegweisende Kühltechnologien

The Sustainable Tropical Data Centre Testbed (STDCT) facility, hosted on the NUS campus
Sheila Zabeu -

Februar 29, 2024

Tropische Klimazonen stellen Rechenzentren immer wieder vor besondere Herausforderungen: Die vorherrschenden Wetterbedingungen mit ihren höheren Umgebungstemperaturen erfordern viel Energie für die Kühlung. Hitzewellen bringen Geräte an ihre Grenzen, indem sie die Leistung und Zuverlässigkeit von Servern beeinträchtigen. Zusätzlich erhöht übermäßige Feuchtigkeit die Kondensation und potenzielle Schäden an den Anlagen.

Forscher aus Singapur – ein Land, das für sein warmes und feuchtes Klima bekannt ist – entwickeln deshalb aktuell nachhaltige Kühltechnologien für tropische Rechenzentren. Dafür eröffneten sie eigens das weltweit erste Testzentrum auf dem Campus der National University of Singapore (NUS). Und das scheint dringend nötig: Etwa 40 % des Energieverbrauchs von Rechenzentren entfallen durchschnittlich allein auf Kühl- und Belüftungssysteme.

Das Sustainable Tropical Data Centre Testbed (STDCT) ist ein lebendiges Labor auf 770 m2. Es erlaubt Wissenschaftlern in einer realistischen tropischen Umgebung mit Kühl-Innovationen zu experimentieren. Gemeinsam betrieben von NUS und der Nanyang Technological University (NTU Singapur) hat es vor allem ein Ziel: die Einführung tropengerechter Kühlung zu beschleunigen und angemessene Nachhaltigkeitsstandards zu setzen.

„Langfristig wird das STDCT auch eine Plattform für andere Universitäten und Unternehmen sein, um neue Lösungen zu validieren. Dies ermöglicht es der Branche, eine breitere Akzeptanz bewährter Praktiken für nachhaltige Rechenzentren in den Tropen zu erreichen“, so Alvin Tan, Handels- und Industrieminister von Singapur.

Das STDCT unterstützt ein umfassendes Programm: Seit Juni 2021 tragen 20 Industriepartner dazu bei, fortschrittliche Technologien bereitzustellen. Unternehmen wie Dell, Eaton, Intel, Keppel, Meta, Schneider Electric und Shell sind aktiv am codesign-technologischen Entwicklungsprozess beteiligt. Bis November 2023 verzeichnete das SDCT bereits über 30 Millionen US-Dollar an Investitionen für fünf Forschungsprojekte unter der Leitung von Wissenschaftlern der NUS und NTU.

„Die neue Testeinrichtung unterstützt fünf Forschungsprojekte im Rahmen des STDCT-Programms. Diese Projekte umfassen ganzheitliche Bewertungen, um Möglichkeiten zur Erhöhung der empfohlenen Temperatur in herkömmlichen Rechenzentren zu identifizieren. Die Forscher versuchen optimale Parameter für nachhaltige Kühlungslösungen zu finden und diese Technologien in die Umgebung zu integrieren“, erklärt Professor Lee Poh Seng, Leiter des STDCT-Programms.

Drei Projekte fokussieren sich auf die Entwicklung innovativer Kühltechnologien: Ein Team plant die Gestaltung eines Wärmeableiters in Verbindung mit einem Eintauchkühlsystem. Eine weitere Gruppe konzentriert sich auf ein Hybridkühlsystem direkt über den Chips. Ein Hochleistungs-Hybridkühlerdesign integriert dabei sowohl Flüssigkeits- als auch Luftkühlung. Das dritte Team validiert das Potenzial einer neuen Kühlungslösung, die ein leistungsstarkes hygroskopisches Material nutzt.

Parallel dazu leiten Forscher ein Projekt, das optimale Einstellungen für Temperatur und Luftfeuchtigkeit bei der Kühlung von Rechenzentren in den Tropen ermitteln soll. Eine zweite Initiative widmet sich der Entwicklung digitaler Zwillinge für neue Kühltechnologien. Diese ermöglichen die Modellierung und Vorhersage von Echtzeitleistung. Sie optimieren die Energieeffizienz und fördern nachhaltige Maßnahmen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI).

Mithilfe der Projekte beabsichtigt das Programm der STDCT bis Mitte 2024 in einem tropischen Szenario die folgenden Ergebnisse zu präsentieren:

  • Reduzierung des Energieverbrauchs um bis zu 40 %
  • Reduzierung des Wasserverbrauchs um 30 % bis 40 %
  • Reduzierung der Kohlendioxidemissionen um etwa 40 %, was weniger als 0,54 Millionen Tonnen pro Jahr entspricht
  • Energieeffizienz (PUE) von weniger als 1,2 für eine Kombination aus Luft- und Flüssigkeitskühlung – dieser Wert läge unterhalb der aktuellen Anforderung von 1,3 in Singapur und dem globalen Durchschnitt von 1,5 im Jahr 2022

Im Juni 2023 kündigte die Infocomm Media Development Authority (IMDA) von Singapur einen Nachhaltigkeitsstandard für neue Rechenzentren an. Das Ziel: den Betrieb bei höheren Temperaturen zu ermöglichen und gleichzeitig die Energieeffizienz zu optimieren. Die IMDA ist zuständig für die Entwicklung und Regulierung der Bereiche Kommunikation, Information und Medien.

Im vierten Quartal 2024 plant die STDCT die Veröffentlichung eines Whitepapers mit Empfehlungen für Projekte und Operationen im Bereich der Rechenzentren.

In Bezug auf die Qualifizierung sucht die STDCT aktiv nach Partnerschaften, um ab 2024 Schulungsangebote für Studenten und Fachleute der Branche anzubieten. Als ersten Schritt in diesem Bereich hat die STDCT bereits zwei Stipendien mit Unterstützung von Partnern vergeben. Sie helfen dabei, lokale Talente in Bereichen wie KI-basierte digitale Zwillinge und fortschrittliche Flüssigkühlungssysteme auszubilden.