Bosch und Nokia: Als Partner mit 6G und IoT zur Industrie 4.0

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Sheila Zabeu -

März 07, 2023

Bosch und Nokia sind auf dem Weg in die Zukunft: Während die meisten noch darüber nachdenken, wie sich die 5G-Technologie in den Alltag integrieren lässt, arbeiten die beiden Unternehmen bereits aktiv an der Forschung und Entwicklung des 6G-Standards. Die 2017 unterzeichnete Allianz konzentrierte sich bisher vor allem auf industrielle IoT-Lösungen mit 5G. Nun folgte auf dem Mobile World Congress in Barcelona die Ankündigung, dass sich die Zusammenarbeit künftig auch auf das neu entstehende 6G-Verfahren ausweiten wird.

„6G wird viel mehr sein als nur eine Infrastruktur für Konnektivität. Es wird die Effizienz von autonomen Autos, intelligenten Städten und vernetzten Industrien erheblich steigern. Deshalb ist 6G ein strategisch wichtiges Technologiefeld“, sagt Andreas Müller, der bei Bosch die 6G-Aktivitäten bündelt und leitet. Das Unternehmen plant, „mehrere Millionen Euro in die 6G-Forschung und Entwicklung“ zu investieren – und beschäftigt derzeit rund 40 Fachleute, die an den Initiativen arbeiten. Laut Angaben der Geschäftsführung soll sich die Zahl dieser Mitarbeiter in den nächsten zwei Jahren verdoppeln.

Bosch bringt sein Wissen und seine Erfahrung dabei in fünf öffentlich geförderte Projekte ein: Drei davon befassen sich vor allem mit der Kommunikationsintegration und der sensorgestützten Umgebungserkennung. Die hierbei gewonnenen Ergebnisse kommen nicht nur in Szenarien für den Straßenverkehr zur Anwendung – sie bilden auch die technische Grundlage für die Nutzung in der Industrie 4.0 (z. B. für fahrerlose Transportsysteme) und lassen sich auch im Bereich der vernetzten Drohnen einsetzen. Die anderen beiden Projekte befassen sich mit neuartigen Konnektivitätsstrukturen und sollen so die Effizienz zukünftiger E/E(Electrical/Electronic)-Architekturen in Fahrzeugen oder Roboterzellen erhöhen.

Nach eigenen Angaben nimmt Bosch dabei eine führende Rolle im Hinblick auf initiale Diskussionen und Aktivitäten zu künftigen Mobilfunkstandards in verschiedenen Industrieverbänden ein. So arbeiten in der 5G Automotive Association (5GAA) beispielsweise Unternehmen aus der Automobil- und Telekommunikationsbranche gemeinsam an der Entwicklung von Mobilitätslösungen. Die 5G Alliance for Connected Industries and Automation (5GACIA) bringt zudem Industrieunternehmen zusammen, die sich auf die Konnektivität von Maschinen und Anlagen konzentrieren.

Weiteres zu Nokia

Auch Nokia kündigte gemeinsam mit NTT Docomo und NTT weitere wichtige Fortschritte im Zusammenhang mit dem 6G-Standard an: Zum einen haben die Unternehmen ein System für künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen in die Funkschnittstelle implementiert – und somit 6G-Funkgeräten die Fähigkeit zum Lernen verliehen. Zum anderen vermelden sie Fortschritte auf dem Gebiet des neuen Sub-Terahertz-Spektrums (Sub-THz), mit dem sich die Kapazität der Netze erheblich erhöhen lässt.

Die Forscher von Nokia Bell Labs, Docomo und NTT kombinierten dabei die von der KI erlernte Wellenform in einem Sender mit einem Empfänger, der Deep Learning einsetzt. So konnte eine Funkschnittstelle entwickelt werden, die Daten in vielen Szenarien effizient überträgt. Diese auf künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen basierende Implementierung reduziert den Overhead im Zusammenhang mit Signalen beträchtlich und steigert den Durchsatz um bis zu 30 %.

Darüber hinaus verleiht diese KI-Funkschnittstelle den 6G-Netzen die nötige Flexibilität, um sich an die jeweilige Art der Verbindung anzupassen, die von Anwendungen, Geräten oder Nutzern benötigt wird. So lässt sich das Netzwerk in einer Fabrik beispielsweise zunächst für Industriesensoren optimieren und im Anschluss für Roboter- oder Videoüberwachungssysteme rekonfigurieren.

Sub-THz-Bänder (mit 100 GHz und mehr) waren aufgrund ihrer Ausbreitungseigenschaften hingegen nie für den Einsatz in Mobilfunknetzen vorgesehen. Neue Technologien wie das Beamforming könnten diese Frequenzen jedoch auch für künftige 6G-Netze erschließen. Dies macht eine hochpräzise Funkabtastung möglich, die wohl ebenfalls zu einem wichtigen Anwendungsgebiet für den 6G-Standard wird. Die Sub-THz-Bänder können somit nicht nur die Gesamtkapazität der 6G-Netze verbessern, sondern künftig auch bandbreitenintensive Anwendungen mit Multi-Gigabit-Verbindungen unterstützen.

Warum brauchen wir 6G?

Die nächste Generation des 6G-Mobilfunks wird neue Funktionen beinhalten, die denen von Radarsensoren ähneln. Auf diese Weise lässt sich die Position von Objekten innerhalb des Abdeckungsbereichs von Netzen erkennen, ohne dass diese mit einem Funkmodul ausgestattet sein müssen. Zudem bietet der neue Standard extrem hohe Datenübertragungsraten von bis zu einem Terabit pro Sekunde bei einer sehr geringen Latenzzeit von 100 Mikrosekunden.

Auch für Bosch bietet der 6G-Standard zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten – zum Beispiel bei der Überwachung und Simulation von realen Fertigungsprozessen. Diese lassen sich mithilfe digitaler Zwillinge in einem virtuellen Universum ohne zeitliche und räumliche Beschränkungen durchführen.

Deutschland und Europa haben in den vergangenen Monaten zahlreiche 6G-Projekte gestartet, um ihre technologische Souveränität zu stärken: So wird die deutsche Regierung über das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) rund 700 Millionen Euro zur Finanzierung von 6G-Initiativen bereitstellen. Ebenso investiert auch die Europäischen Union bis 2027 rund 900 Millionen Euro ihres Haushalts in die Technologie. Die Vereinigten Staaten und Japan haben zudem eine gemeinsame FuE-Initiative mit einem Gesamtvolumen von 4,5 Milliarden Dollar gestartet. Im weltweiten Rennen um angemeldete Patente im Bereich 6G belegt aktuell China mit einem Anteil von 40,3 % die Spitzenposition. Diese Entwicklungen sind vor allem im Infrastrukturbereich angesiedelt und befindet sich zum größten Teil im Besitz des Unternehmens Huawei.