Innovativer Meilenstein: KI-gesteuerter Biosensor läutet neue Ära bei der Erkennung neurodegenerativer Krankheiten ein

Biosensors
Sheila Zabeu -

Juli 25, 2023

Hoffnung für Patienten weltweit: Forscher der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) in der Schweiz entwickelten einen Biosensor, der die Diagnose von Parkinson und Alzheimer auf ein neues Niveau bringt. Der innovative Messfühler, ImmunoSEIRA genannt, vereint gleich mehrere Technologien – und ermöglicht die präzise Erkennung und Identifizierung von Protein-Biomarkern. Diese stehen mit den schweren neurodegenerativen Krankheiten, wie Alzheimer und Parkinson, in Verbindung.

Der Bedarf an effektiven Diagnosemethoden zur Früherkennung und Verlaufskontrolle von Erkrankungen des Nervensystems ist enorm. Hier setzt ImmunoSEIRA an und eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Denn: Proteinfehlfaltung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung dieser Krankheiten. Während des Verlaufs degenerieren gesunde Proteine zuerst in Oligomere und später in Fibrillen. Diese abnormen Protein-Aggregate zirkulieren nicht nur im Gehirn und in den Körperflüssigkeiten – sie hinterlassen auch Ablagerungen im Hirn von Betroffenen. Mithilfe von ImmunoSEIRA können Mediziner nun genau diese charakteristischen Krankheitszeichen aufspüren, die als Biomarker dienen. Das bedeutet eine enorme Verbesserung für die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Parkinson und Alzheimer. Doch der Weg zu diesem Durchbruch war kein leichter: Die Forscher mussten vielfältige Hindernisse überwinden. Dazu zählen vor allem technologische Herausforderungen bei der exakten Trennung und Quantifizierung der verschiedenen Proteinzustände.

Die EPFL veröffentlichte ihre wegweisende Studie in Science Advances. So setzte sie künstliche Intelligenz (KI) und neuronale Netzwerke ein, um die Stadien und Verläufe von Krankheiten zu quantifizieren. Das Ergebnis ist vielversprechend, denn diese technologische Innovation eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten für die Früherkennung und Überwachung. Sie verspricht auch deutliche Verbesserungen für die Beurteilung von Behandlungsoptionen in verschiedenen Phasen neurodegenerativer Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer.

Um den fortschrittlichen Biosensor zu entwickeln, kombinierten die Forscher des Bionanophotonik-Systems-Labors und des Labors für Molekulare Neurobiologie und Neuroproteomik mehrere Wissenschaftsbereiche – darunter die Protein-Biochemie, das Forschungs- und Technologiegebiet OptoFluidic, Nanotechnologie und KI. Professor Hilal Lashuel, der an der Forschung beteiligt war, zeigt sich begeistert von diesem Ansatz: „Im Gegensatz zu aktuellen biochemischen Ansätzen, die darauf beruhen, die Menge dieser Moleküle zu messen, konzentriert sich unser Ansatz auf die Erkennung abnormer Strukturen. Diese Technologie ermöglicht es uns auch, die Niveaus der beiden Hauptformen abnormer Strukturen zu unterscheiden, die in der Entstehung und dem Verlauf neurodegenerativer Krankheiten eine Rolle spielen: Oligomere und Fibrillen.“

Der ImmunoSEIRA-Biosensor nutzt eine Technologie namens „surface-enhanced infrared absorption spectroscopy“ (SEIRA). Mit dieser Methode gelingt es, die Formen von Biomarkern, die mit neurodegenerativen Krankheiten in Verbindung stehen, präzise zu erkennen und zu analysieren. Dieser Detektiv auf molekularer Ebene ist ein wahres Wunderwerk und fängt die Biomarker mit beeindruckender Genauigkeit ein.

Das Geheimnis des ImmunoSEIRA-Sensors liegt in seinen goldbeschichteten Anordnungen, die mit Antikörpern für die Erkennung spezifischer Proteine ausgestattet sind. Damit ermöglicht der Biosensor eine Echtzeit-Erfassung und strukturelle Analyse der Ziel-Biomarker selbst in winzigsten Proben. Aber das ist noch nicht alles – zusätzlich kommt noch Künstliche Intelligenz ins Spiel: Neuronale Netzwerke werden eingesetzt, um das Vorhandensein spezifischer fehlgefalteter Proteinformen, wie Oligomere und Fibrillen, zu identifizieren. Dies führt zu einer bislang unerreichten Genauigkeit bei der Erkennung, das sogar während des fortschreitenden Verlaufs der Krankheiten. Professor Hilal Lashuel ist überzeugt, dass dies einen bedeutenden Fortschritt in der Diagnose degenerativer Erkrankungen darstellt.

Lashuel betont: „Da der Krankheitsprozess eng mit Veränderungen in der Proteinstruktur zusammenhängt, sind wir der Meinung, dass strukturelle Biomarker – insbesondere, wenn sie mit anderen biochemischen und Neurodegenerations-Biomarkern kombiniert werden – den Weg für eine präzisere Diagnose und Überwachung des Krankheitsverlaufs ebnen können.“

Das Forschungsteam ging noch einen Schritt weiter und setzte den ImmunoSEIRA-Biosensor in realen klinischen Umgebungen, in biologischen Flüssigkeiten, ein. Dabei gelang es, die besondere Kennzeichnung abnormer Fibrillen, die ein wichtiger Hinweis für neurodegenerative Krankheiten ist, mit hoher Präzision zu identifizieren. Selbst in komplexen Flüssigkeiten wie der menschlichen Liquor cerebrospinalis (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) erzielte der Messfühler beeindruckende Ergebnisse. Der Blick geht nun in die Zukunft: Das Team plant, die Fähigkeiten dieser neuen Technologie weiter auszubauen. Zudem bereiten sich die Forscher darauf vor, das diagnostische Potenzial genau auszuwerten – in Bezug auf Parkinson, aber auch auf die wachsende Anzahl von Erkrankungen, deren Ursache in der Proteinfaltung und -aggregation liegt.

Ein Biosensor für viele Zwecke

Darüber hinaus entwickelten Forscher der UC Santa Cruz chipbasierte Biosensoren, die es einem einzigen Gerät ermöglichen, mehrere medizinische Tests an verschiedenen Biomolekülen durchzuführen – gleichzeitig und das sogar bei stark variierenden Konzentrationen. Als Grundlage dient hier maschinelles Lernen, um Partikel mit beeindruckender Genauigkeit zu erkennen und somit eine Echtzeit-Datenanalyse zu ermöglichen.

Damit das funktioniert, brachten Forscher den optofluidischen chipbasierten Biosensoren völlig neue Funktionalitäten bei: Diese können nun Nanosphären in einer riesigen Bandbreite von Konzentrationen aufspüren – von extrem gering bis winzig klein. Die verbesserten Techniken ermöglichen eine kontinuierliche Fluoreszenzdetektion und eröffnen innovative Möglichkeiten für präzise Messungen. Dies erweitert den Einsatzbereich der Sensoren um das 10.000-fache – ein echter Quantensprung, wie auf der SciTechDaily-Website zu lesen ist. Doch das ist noch nicht alles: Die Forscher entwickelten auch einen extrem schnellen Algorithmus zur Echtzeit-Identifizierung von Signalen einzelner Partikel bei niedrigen Konzentrationen. Dank maschinellem Lernen können Wissenschaftler die verschiedene Partikelarten nun mit beeindruckender Präzision voneinander unterscheiden.