Wie IBM Quantencomputer zur Erforschung neuer Medikamente nutzt

Quantum Computing Medical Technology
Sheila Zabeu -

Dezember 09, 2022

In den letzten Jahren hat das Quantencomputing das Interesse von Gesundheitseinrichtungen und Technologieunternehmen geweckt. Ziel war es herausfinden, wie sich Quantencomputing auf die Gesundheits-IT und die Forschung auswirken kann und welche Potenziale sich möglicherweise zeigen.

Der bisher bedeutendste Durchbruch in der Datenverarbeitung ist die Konvergenz von Bits, Neuronen und Qubits. Allerdings besteht die Hoffnung, dass Quantencomputer irgendwann selbst die leistungsstärksten Supercomputer bei bestimmten Aufgaben, wie z. B. beim maschinellen Lernen, übertreffen werden. Denn theoretisch sind die „Quanten-KI-Netze“ den neuronalen Netzen, die heute auf herkömmlichen Computern laufen, nicht gewachsen. Aber schon jetzt machen sich Wissenschaftler aus aller Welt die Möglichkeiten von Quantencomputing zunutze.

Vor Kurzem hat IBM eine Partnerschaft mit Algorithmiq, einem in Helsinki ansässigen Start-up-Unternehmen, angekündigt. Erklärtes Ziel: Quantenalgorithmen zur Lösung komplexer biowissenschaftlicher Probleme zu erforschen. Dabei sollen der Hardware-Sektor von IBM und das Fachwissen von Algorithmiq auf dem Gebiet der Quanten-Software und -Anwendungen zusammengeführt werden, um den Zeit- und Kostenaufwand für die Forschung und Entwicklung von Medikamenten erheblich zu verringern. Darüber hinaus wird die Arbeit dazu beitragen, das Ökosystem zu fördern – im Speziellen die Initiativen von Qiskit, einem Open-Source-SDK für Quantencomputer. Im Zuge dessen wird Algorithmiq außerdem Teil des IBM Quantum Networks.

„IBM glaubt, dass die Vorteile des Quantencomputuings in Bereichen wie der Chemie bereits in diesem Jahrzehnt sichtbar werden könnten. Deshalb setzen wir auf die Zusammenarbeit mit Algorithmiq, um diesen Sektor voranzutreiben. Die vielversprechenden Ergebnisse, die das Unternehmen bisher bei der Verbesserung der Leistung von Quantenalgorithmen erzielt hat, können wir schon heute unter Beweis stellen. Wir freuen uns, die Maßnahmen von Algorithmiq über das IBM Quantum Network zu unterstützen und glauben, dass ihre Arbeit dazu beitragen kann, die Vorteile von Quantenalgorithmen in naher Zukunft zu demonstrieren“, sagte Ivano Tavernelli, Global Leader of Advanced Algorithms for Quantum Simulations bei IBM Reserch.

IBM-Forscher arbeiten mit Algorithmiq zusammen, um kritische Engpässe in der heutigen Quanten-Hardware, wie z.B. begrenzte Geschwindigkeit, Genauigkeit und Skalierung, für umfangreiche Quantensimulationen im Bereich der Chemie zu überwinden. Denn die neuen Messtechniken von Algorithmiq können die Ausführungszeit von hybriden quantenklassischen Algorithmen reduzieren. Darüber hinaus haben die Nachbearbeitungsstrategien des Unternehmens zur Fehlerbegrenzung die Genauigkeit von Quantensimulationen in der Chemie erheblich verbessert.

„Auch wenn die volle Leistungsfähigkeit von Quantensimulationen wahrscheinlich erst mit fehlertoleranten Quantencomputern erreichbar ist, zeigen die Geräte von IBM in Kombination mit unseren neuen Algorithmen, die auf informationell vollständigen Daten basieren, bereits heute Fortschritte bei der Quantentechnologie für die Chemie. Das macht es zu einem wichtigen Meilenstein für jede Anwendung von Quantencomputern im Bereich der Biowissenschaften“, erklärt Guillermo Garcia Perez, CSO und Mitbegründer von Algorithmiq.

In einem Interview mit Forbes erklärt Sabrina Maniscalco, CEO und Mitbegründerin von Algorithmiq, dass es im Universum etwa 1.063 Arten von Molekülen gibt, von denen jede irgendwann eine Rolle bei der Entwicklung eines neuen Medikaments spielen könnte. Die Besonderheit: Die Software von Algorithmiq kann, wenn sie auf einem Quantencomputer läuft, viel effizienter nach all diesen Molekülen suchen. Zudem weist die Geschäftsführerin darauf hin, dass die maximale Reichweite bei herkömmlichen Computern in der Größenordnung von 1.016 liegen würde.

Quantencomputer bieten aber nicht nur mehr Rechenleistung. Denn die Art und Weise, wie diese Geräte arbeiten, passt auch besser zum Prozess der Arzneimittelentdeckung. Warum? Ganz einfach: Sie arbeiten auf der Ebene der Quantenphysik und funktionieren deshalb genauso wie die Moleküle, die in der Arzneimittelforschung untersucht werden. Das bedeutet, dass sie auch dazu fähig sind, Quantensysteme zu simulieren.

Das von einem Team von Akademikern gegründete Unternehmen Algorithmiq konzentriert sich darauf, die Möglichkeiten der Quanteninformatik zu nutzen, um neue Arzneimittel zu erforschen und schließlich auf den Markt zu bringen. So will das Unternehmen auf praktische und kosteneffiziente Weise zu präzisen, medizinischen Behandlungen beitragen. Nach Angaben des Unternehmens dauert die Markteinführung eines neuen Medikaments durchschnittlich ein Jahrzehnt und kostet etwa 1 Milliarde Dollar. Algorithmiq hofft, dass sich diese Zahlen schon bald deutlich reduzieren lassen – und dass neue Medikamente zum einen effizienter und zum anderen weniger schädlich sein werden.

IBM Quantum

Im November hat IBM Fortschritte bei der Quanten-Hardware und -Software angekündigt. Dazu gehört auch der neue „Osprey“-Prozessor mit 433 Qubits, der nach Angaben des Unternehmens zur Behebung bisher unlösbarer Probleme beitragen wird.

Der IBM Osprey verfügt mit 433 Qubits über die größte Anzahl von Qubits unter den Quantenprozessoren des Unternehmens. Denn das ist mehr als das Dreifache der 127 Qubits, die im IBM Eagle aus dem Jahr 2021 vorhanden sind. Zum Vergleich: Die Anzahl der klassischen Bits, die benötigt werden, um einen Zustand im IBM Osprey-Prozessor darzustellen, übersteigt bei weitem die Anzahl der Atome im bekannten Universum.

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Ein weiterer Fortschritt hat mit der Rausch-Problematik von Quantencomputern zu tun, die noch immer ein wesentlicher Faktor bei der Einführung dieser Technologie ist. IBM hat deshalb ein Beta-Update für Qiskit Runtime veröffentlicht, das es ermöglicht, mit einer einfachen Option in der API Geschwindigkeit gegen weniger Fehler auszutauschen. Denn durch die Abstrahierung der Komplexität dieser Funktionen auf Softwareebene wird es einfacher, Quantencomputing in Arbeitsabläufe einzubinden und die Anwendungsentwicklung zu beschleunigen.

Darüber hinaus treibt IBM die Entwicklung seiner IBM Quantum-Systeme weiter voran, um bis 2025 mehr als 4.000 Qubits zu erreichen. In diesem Zusammenhang hat das Unternehmen weitere Einzelheiten über das neue IBM Quantum System Two bekannt gegeben, das modular und flexibel aufgebaut ist und mehrere Prozessoren in einem einzigen System mit Kommunikationsverbindungen kombiniert. Diese Lösung soll bis Ende 2023 den Betrieb aufnehmen und wird ein Baustein für das Quanten-Supercomputing sein.