Rechenzentren: Sicherheit und Lieferkette im Fokus der Verantwortlichen

data center in server room with server racks
Thomas Timmermann -

Juli 03, 2023

Alljährlich richtet die Vereinigung AFCOM die Konferenz Data Center World aus. Auch in diesem Jahr brachte das globale Event wieder Fachleute aus den Bereichen Rechenzentren und IT zusammen – es gab Präsentationen, Podiumsdiskussionen und Fallstudien. Darüber hinaus stellte AFCOM seinen neuesten Bericht mit mehreren Highlights der aktuellen Rechenzentrumslandschaft vor. Darunter Themen, die an Aufmerksamkeit gewonnen haben, wie z. B. die physische Sicherheit und die Lieferkette von Rechenzentren.

Insgesamt kristallisierte sich heraus, dass die Branche der Rechenzentren ein rasantes Wachstum erlebt. Bis 2023 werden in diesem Sektor voraussichtlich 7,4 GW online sein, verglichen mit 4,9 GW im letzten Jahr – das zeigen die jüngsten Daten von Cushman & Wakefield, die der AFCOM-Bericht bestätigt. Darüber hinaus gibt es eine erhebliche Bewegung in Richtung sekundärer und aufstrebender Märkte, wobei Hyperscale-Mieter und Colocation-Anbieter neue Projekte auf der ganzen Welt bewerten und ankündigen. Die Verfügbarkeit von Energie ist jedoch zunehmend eingeschränkt und die Energiekosten steigen.

Zum ersten Mal überhaupt steht die Sicherheit ganz oben auf der Liste der Bedenken von Rechenzentrumsleitern. Die physische und/oder logische Sicherheit steht an erster Stelle, wobei 53 % der Befragten angaben, dass sie bereits eine Art von Sicherheitsplan umgesetzt haben. Im siebten Jahr in Folge nennen die Befragten dabei Ransomware (52 %) als größte Bedrohung, gefolgt vom Verlust personenbezogener Daten (39 %) und externen menschlichen Bedrohungen (39 %). Am stärksten haben zwei spezifische Bedrohungen zugenommen: physische Gefahren für Rechenzentren und DDoS-Angriffe.

Darüber hinaus ist die Lieferkette eines der heißesten Themen in Gesprächen mit Führungskräften und Fachleuten für Rechenzentren. Der AFCOM-Bericht weist darauf hin, dass 94 % der Befragten zumindest teilweise Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Lieferkette zu bewältigen hatten. Mehr als die Hälfte (59 %) berichten von einem gewissen Versorgungsdruck.

Laut der AFCOM-Umfrage bedeuten diese Zahlen einen großen Sprung gegenüber dem Vorjahr. Fast die Hälfte der Befragten hat schon einmal Ausfallzeiten erlebt, die auf einen Mangel an geeigneten Komponenten zurückzuführen waren. AFCOM mahnt die Notwendigkeit an, sich auf schwierige Szenarien vorzubereiten, die besten Partner und die besten Lösungen für die Versorgung zu finden.

Und wo sind die Lieferengpässe am stärksten zu spüren? Die Befragten nannten IT-Ausrüstung (57 %), Stromversorgungssysteme (51 %), Schaltschränke (42 %), Kühlsysteme (37 %) und Baumaterialien als die fünf wichtigsten Bereiche, die mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatten.

Wenn man die Ausgaben im Allgemeinen betrachtet, so zeichnen vor allem Dienstleistungen für Ausrüstung und Personal für den Anstieg der OpEx-Ausgaben verantwortlich, gefolgt von Energie. Bei den Investitionsausgaben liegen die Ursachen für erhöhte Ausgaben bei Problemen in der Lieferkette, Arbeiten in bestehenden Einrichtungen, die Aktualisierung der IT-Umgebung und Investitionen in neue Einrichtungen.

AFCOM hebt dabei die Tatsache hervor, dass der Anstieg von Ausgaben im vergangenen Jahr vor allem auf Investitionen in die Infrastruktur bestehender Anlagen zurückzuführen war, während der Anstieg heute in Problemen mit der Lieferkette begründet ist. Ein weiterer bemerkenswerter Anstieg von Ausgaben betrifft die Wartungskosten für Anlagen: Im Vorjahr lag dieser Wert bei knapp 47 %, während er sich heute bei 79 % befindet. Man kann davon ausgehen, dass auch dies sich zum Teil auf Probleme in der Lieferkette zurückführen lässt.

Dichte, Kühlung, ESG und mehr

Es überrascht nicht, dass sich die Energiedichte von Racks ständig weiterentwickelt. Letztes Jahr lag die geschätzte durchschnittliche Dichte in primären Rechenzentren bei 7 kW. Bis 2023 wird diese Zahl auf 8,5 kW ansteigen – wobei 60 % der Befragten angaben, dass sich die Energiedichte noch stärker verändern wird. Der AFCOM-Bericht weist darauf hin, dass die Erzeugung einer höheren Energiedichte eine Herausforderung darstellt. Viele versuchen, mit weniger Platz mehr zu erreichen, was jedoch Investitionen in bessere Kühltechnologien, Stromversorgungssysteme und Kapazitäten erforderlich macht.

Speziell im Bereich der Kühlung hebt der AFCOM-Bericht Folgendes hervor: Weniger als die Hälfte der Befragten (46 %) geben an, dass ihre derzeitigen Lösungen alle Anforderungen erfüllen. Indes weisen 35 % darauf hin, dass sie Kühlkapazitäten verlieren und sich anpassen müssen. Weitere 18 % geben an, dass sie aktiv nach neuen Systemen suchen. Für AFCOM waren diese Daten aufschlussreich, da sich eine Branche offenbart, die mit der Anpassung der Kühlkapazität kämpft, während der Sektor insgesamt wächst.

Einige Kandidaten versuchen, die Herausforderung mit Flüssigkeitskühlung zu bewältigen – 38 % der Befragten haben diese Art der Kühlung eingeführt, und fast die Hälfte der Anbieter von Rechenzentren (43 %) haben Flüssigkeitskühlung bereits bei ihren Kunden eingesetzt. Insgesamt geben 60 % der Befragten an, dass sie bereits Flüssigkeitskühlung verwenden – oder planen, innerhalb von 12 bis 24 Monaten damit zu starten. AFCOM hebt einige interessante Robotik-Lösungen, neue Methoden der Flüssigkeitskühlung oder sogar hybride Einsätze in Rechenzentren hervor. Darauf basierend wagt der Verband die Prognose, dass die Flüssigkeitskühlung weiterhin ein heißes Thema bleiben wird.

Eine gute Nachricht ist, dass verstärkt erneuerbare Energien angenommen werden. Nur 14 % der Befragten äußerten, dass sie keinen Plan bezüglich erneuerbarer Energien haben, während die übrigen 86 % diese Möglichkeiten aktiv umsetzen oder dies zumindest planen. Die Befragten gaben an, dass Solarenergie (55 %), Windenergie (36 %) und Wasserkraft (27 %) bevorzugte Energiequellen sind. Indes machten 10 % die Angabe, dass sie eine gewisse Bewegung in Bezug auf Nukleartechnologien sehen. Dies deutet darauf hin, dass kleine modulare Reaktoren (Small Modular Reactors, SMRs) zur Versorgung von Rechenzentren in Frage kommen könnten.

Neben dem Betrieb mit erneuerbaren Energien bemühen sich die Leiter von Rechenzentren auch um die Einsparung von Wasser. Die meisten Befragten glauben, dass die Wassereffizienz weiter an Bedeutung gewinnt (81 %). Sie erwägen die Einführung von Lösungen wie Kühlsystemen, die mit Wasser arbeiten (38 %), Abwasserrecycling (38 %), Wasseraufbereitung mit Partnern (36 %), Pipeline- oder Tiefbauprojekte (20 %) sowie Regenwassernutzung (11 %).

Allgemeiner betrachtet wird deutlich, dass die Bedeutung von ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) in Rechenzentren zunimmt, einschließlich der Initiativen für Integration, Gleichberechtigung und Vielfalt. Die Mehrheit der Befragten (69 %) gibt an, dass ESG für Unternehmen und wichtige Stakeholder von entscheidender Bedeutung ist. Dabei möchten rund 22 % der Befragten diese Themen in ihre zukünftigen Strategien integrieren.

Was die Speicherung betrifft, so beschreibt der AFCOM-Bericht Folgendes: Das von den Rechenzentren erzeugte Datenvolumen wächst – und damit auch die Speicherkapazität. 43 % der Befragten verfügen über eine lokale Speicherkapazität von 1 Petabyte (PB) oder mehr; der gleiche Anteil berichtet zudem über eine Remote-Speicherkapazität von 1 PB oder mehr. Um die wachsende Datennachfrage zu befriedigen, setzen viele Rechenzentrumsprofis ausschließlich Flash-Speicher ein – 38 % mit Blick auf hohe Leistung und 31 % für allgemeine Zwecke.

Digitale Zwillinge, Datenmodellierung und Virtual Reality rücken zunehmend in den Fokus von Rechenzentrumsexperten. 38 % der Befragten gaben an, dass sie bereits eine Virtual Reality- oder Augmented Reality-Lösung eingesetzt haben oder dies beabsichtigen. Die Zahlen sprechen also für sich: Es ist viel Bewegung im IT-Infrastrukturmarkt.