Google will die Entwicklung von Gesundheits-Apps erleichtern

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Sheila Zabeu -

März 23, 2023

Google möchte die Entwicklung von medizinischen Apps vereinfachen. Deshalb hat das Unternehmen während seines jährlichen Gesundheits-Events „The Check Up“ den Open Health Stack vorgestellt – ein Open-Source-Kit, das auf einem interoperablen Datenstandard basiert.

Open Health Stack zielt darauf ab, die Entwicklung von Anwendungen für Fachkräfte im Gesundheitswesen zu beschleunigen. Diese benötigen Zugang zu Informationen und Erkenntnissen, um fundierte Entscheidungen zu treffen: So können beispielsweise Fachkräfte in der Pflege auf alle Informationen zugreifen, die sie für die Versorgung von Patienten in ländlichen Gebieten benötigen. Und auch die Abfrage von Bevölkerungsdaten zur Überwachung des Gesundheitszustands einer Gemeinde ist möglich.

Zu den Komponenten von Open Health Stack gehört auch das Android FHIR SDK, das Sicherheit und Datenschutz für die Daten gewährleistet, die in der App gespeichert sind. Dabei macht es die Informationen auch offline zugänglich, sodass sie auch an Orten ohne Mobilfunkabdeckung oder Internetzugang genutzt werden können. Darüber hinaus stellt Open Health Stack bestimmte Designrichtlinien zur Verfügung, um die Usability für medizinisches Fachpersonal zu verbessern.

Um zu zeigen, wie sich der Open Health Stack in verschiedenen Anwendungsfällen einsetzen lässt, liefert Google außerdem verschiedene Partnerberichte mit. Ein Beispiel kommt aus Kenia: Hier unterstützt eine Gesundheits-App für Mütter freiwillige Helfer bei der Arbeit mit schwangeren Frauen in ländlichen Gemeinden.

Weitere Innovationen aus The Check Up

Auf seinem Event hob Google außerdem hervor, dass das Unternehmen in den letzten Jahren an der Erforschung von Künstlicher Intelligenz (KI) für das Gesundheitswesen gearbeitet hat. Besondere Fortschritte wurden dabei beim Large Language Model (LLM) erzielt, das mithilfe von KI-Tools das Verständnis und die Erzeugung von textbasierten Dialogen unterstützt. Und auch Partnerschaften zur Entwicklung von Lösungen für die reale Welt und der Erforschung neuer Wege zur Erkennung von Krankheiten kamen voran.

Bereits 2022 stellte Google im Bereich LLM die App Med-PaLM vor – eine an den medizinischen Bereich angepasste Version von PaLM. Laut Angabe von Google handelt es sich dabei um die erste Anwendung, die bei medizinischen Zulassungsfragen in den Vereinigten Staaten eine „Erfolgsquote“ von über 60 % erreicht und sogar Begründungen liefert. Mit Med-PaLM 2 steigerte sich diese konstante Leistung in Bezug auf medizinische Prüfungsfragen auf Expertenebene kürzlich sogar auf 85 %.

Im Bereich der Partnerschaften stellte Google seine Zusammenarbeit mit Jacaranda Health vor. Diese gemeinnützige Organisation aus Kenia konzentriert sich auf die Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Babys in staatlichen Krankenhäusern mithilfe digitaler Lösungen. Der Grund: In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara ist die Müttersterblichkeit noch immer hoch. Zudem fehlt es an Fachkräften mit adäquater Ausbildung zur Bedienung von Ultraschallgeräten, die häufig zur Beurteilung des Schwangerschaftsverlaufs eingesetzt werden. Im Rahmen der Partnerschaft ist nun ein Projekt zur Sondierungsforschung vor Ort geplant, um die Möglichkeiten zur Anwendung von KI-Tools als Unterstützung bei Ultraschalluntersuchungen schwangerer Frauen zu erörtern.

Auch bei der Partnerschaft von Google mit dem Chang Gung Memorial Hospital (CGMH) in Taiwan geht es um den Einsatz von Ultraschall: diesmal jedoch zur Erkennung von Brustkrebs. Denn eine Mammographie kann bei einigen Bevölkerungsgruppen, z. B. solchen mit höherer Brustdichte, weniger effektiv sein. Um die Anzeichen von Krebs frühzeitig zu erkennen, werden deshalb oft Ultraschalluntersuchungen empfohlen. Auch bei dieser Kollaboration steht deshalb die Frage im Zentrum, wie KI-Modelle bei der Anwendung von Ultraschall unterstützen können.

Eine dritte Initiative knüpft an die bereits bestehende Zusammenarbeit mit Mayo Clinic vor drei Jahren an. In diesem Fall unterstützt die KI den zeitaufwendigen Planungsprozess in der Strahlentherapie. Ein besonders komplexer Schritt ist dabei das sogenannte „Contouring“: Dabei zeichnen Ärzte Linien auf CT-Scans, um Bereiche mit Krebszellen von nahegelegenem gesundem Gewebe zu unterscheiden, das durch die Strahlung beschädigt werden könnte. Dieser Vorgang kann bei einem einzelnen Patienten bis zu sieben Stunden dauern. Das Strahlentherapiemodell zur Lösung dieses Problems soll demnächst gemeinsam mit den Studienergebnissen veröffentlicht werden. Weitere Forschungsarbeiten im Rahmen der Partnerschaft sind bereits in Planung.

Darüber hinaus arbeitet Google mit weiteren Partnern zusammen, die diese Forschungsergebnisse auf das Screening von Röntgenbildern der Brust übertragen sollen. Ziel ist es, über die KI Tuberkulose in Pflegeeinrichtungen zu erkennen. Nach Angaben der WHO ist die Erkrankung weltweit die neunthäufigste Todesursache, wobei über 25 % der Sterbefälle durch Tuberkulose in Afrika auftreten. Zwar kann die Krankheit erfolgreich behandelt werden – es fehlt aber an kosteneffizienten Screening-Lösungen, um sie frühzeitig zu erkennen und ihre Ausbreitung einzudämmen.

Unter der Leitung von Right to Care, einer gemeinnützigen Organisation mit umfassender Erfahrung in der Behandlung von Tuberkulose in Afrika, wird auch in diesem Bereich eine Partnerschaft entstehen. Sie soll die entsprechenden Tests auf Basis von KI in der gesamten afrikanischen Subsahara-Zone verfügbar machen.

Medizinische Bilder mit Google

Mit seiner Software und seinen Servern will Google Organisationen im Gesundheitswesen die Möglichkeit geben, Röntgenbilder, MRT-Ergebnisse und andere medizinische Bilder zu lesen, zu speichern und zu kennzeichnen. Im Oktober 2022 wurde deshalb auch die Medical Imaging Suite angekündigt, um den Zugriff auf diese Bilder für Fachkräfte im Gesundheitswesen einfach, interoperabel und strukturiert zu gestalten. Dazu gehören auch Optionen zur Kommentierung der Abbildungen sowie zur Erstellung von Forschungsmodellen für maschinelles Lernen.

„Mit Google Photos, Google Image Search und Google Lens haben wir Pionierarbeit bei der Nutzung von KI und Computer Vision geleistet. Nun stellen wir unser Wissen, unsere Tools und unsere Bildverarbeitungstechnologien auch den Unternehmen im Gesundheitswesen und in der Biowissenschaft zur Verfügung“, sagt Alissa Hsu Lynch, Global Leader für Strategien und Lösungen im Bereich der Gesundheitstechnologie bei Google Cloud.

In Bezug auf den Datenschutz gibt Google an, keinen Zugang zu geschützten Gesundheitsdaten zu haben – denn das Unternehmen arbeitet nach den Richtlinien des Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA), einem US-Bundesgesetz, das die Verwendung von Patientendaten regelt.

„Mit den technologischen Fortschritten sind Größe und Komplexität medizinischer Bilder gewachsen. Wir wissen, dass KI schnellere und präzisere Diagnosen ermöglicht und damit die Produktivität von Fachkräften im Gesundheitswesen verbessern kann“, so Lynch in einem Interview mit Forbes.

Duell mit AWS

Google Cloud und AWS liefern sich ein Rennen um die Führung in der medizinischen Bildgebung mit Cloud-Lösungen. Die Bildgebungsverfahren umfassen dabei Untersuchungen wie Röntgen, MRT, Ultraschall, CT-Scans und Endoskopie – und sind ein wichtiges Diagnoseinstrument, das sowohl die Erstellung des Befunds erleichtert als auch die Nachverfolgung der Behandlungsergebnisse ermöglicht.

Wie bereits erwähnt, will Google seine Medical Imaging Suite einsetzen, um Bilder aus dem Gesundheitswesen in der Cloud organisierter, zugänglicher und interoperabler zu machen. AWS hält mit Amazon HealthLake Imaging dagegen, das große Mengen medizinischer Abbildungen speichert, während sich Amazon HealthLake Analytics auf die Datenanalyse konzentriert. Beide Tools bilden Funktionen von Amazon HealthLake, einer Cloud-Plattform für Gesundheitsdaten, die Ende 2020 auf den Markt kommt.

In der Gesamtbetrachtung sieht es also so aus, als ob Google Cloud seine Schwerpunkte auf spezifische Aspekte und die Verringerung der Arbeitsbelastung von Fachkräften im Gesundheitswesen legt. AWS scheint dagegen einen umfassenderen Ansatz zu verfolgen, bei dem die Abfrage und Analyse medizinischer Bilder die zentralen Elemente für die Einführung von Cloud-Diensten bilden.