Microgrids: Ab 2023 unverzichtbar in allen Rechenzentren

MicroGrid Power Plant
Cristina De Luca -

Februar 21, 2023

Cloud Computing, Hyperscale und 5G-Verbindungen: Rechenzentrums-Betreiber mussten sich in den letzten zehn Jahren mit einer Vielzahl an Veränderungen auseinandersetzen. Die gesamte Rechenzentrumsbranche hat sich grundlegend gewandelt.

Diese neuen Fortschritte haben Rechenzentren deutlich verbraucherfreundlicher gemacht – die Betreiber aber auch vor große Herausforderungen gestellt. Die Frage bleibt: Wie können Rechenzentren in den kommenden Jahren nachhaltig und gleichzeitig leistungsfähig gehalten werden?

Als erster Schritt stand die Verringerung des CO2-Fußabdrucks durch den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien im Zentrum. Damit wuchs jedoch auch die Sorge darum, wie zuverlässig diese Technologien den Betrieb der Datenzentren rund um die Uhr aufrechterhalten können.

Schließlich kann ein Rechenzentrumsausfall hohe Kosten verursachen: Während kleine Unternehmen im Ernstfall nur ein paar hundert Dollar verlieren, kann ein Ausfall bei großen „Serverfarmen“ Zehntausende Dollar pro Minute kosten. Die Ausfallsicherheit der Stromversorgung ist im Kontext von Rechenzentren also von entscheidender Bedeutung.

Allerdings wird das Stromnetz immer unzuverlässiger – zum einen durch die alternde Infrastruktur, zum anderen wegen der zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Stromversorgung. In der Konsequenz haben Häufigkeit und Schweregrad der Netzausfälle stark zugenommen. Betreiber schauen sich deshalb nach Alternativen um und prüfen dabei unter anderem den Einsatz von Microgrids.

Die kleinen Netze sind in Krankenhäusern, auf Militärstützpunkten und in vielen anderen Einrichtungen bereits weit verbreitet. Da ihnen ein Stromausfall nichts anhaben kann, bieten sie auch ein erhebliches Potenzial für den Betrieb von Rechenzentren. Doch wie sieht das Ganze im Detail aus?

Bei Microgrids handelt es sich um robuste Stromversorgungssysteme: Sie speisen immer ein bestimmtes geografisches Gebiet, z. B. einen Campus, einen medizinischen Komplex, ein Einkaufszentrum oder ein Stadtviertel. In vielerlei Hinsicht verhalten sie sich dabei wie eine Mini-Version des Hauptstromnetzes. Oft kombinieren sie verschiedene Stromerzeugungsquellen, wie Solarzellen, Brennstoffzellen, Erdgasgeneratoren und Blockheizkraftwerke. Viele von ihnen verfügen auch über Energiespeichersysteme (d. h. Batterien) – doch im Gegensatz zu typischen USV-Systemen verwenden sie in der Regel robustere und leistungsfähigere Lithium-Ionen-Batterien.

Das Mikronetz und das Stromnetz arbeiten somit parallel. Neben der erhöhten elektrischen Zuverlässigkeit bietet das Microgrid deshalb weitere Vorteile, zum Beispiel bei der Senkung von Energiekosten oder beim Erreichen von Nachhaltigkeitszielen. Eine kostengünstigere Stromversorgung in Rechenzentren lässt sich dabei auf zwei verschiedene Arten realisieren: Entweder verringert man die Kosten für den Strom aus dem Netz oder man stellt eigenen Strom zu günstigeren Konditionen her. Ein Microgrid-System kombiniert beides. Dadurch können Rechenzentren Energie speichern, wenn sie am günstigsten ist, und sie erst dann nutzen, wenn es ökonomisch ist. Steigen die Kosten für herkömmlichen Netzstrom (z. B. im Zeitraum von Verbrauchsspitzen), ist es mit dem Mikronetz möglich, vermehrt erneuerbare oder gespeicherte Energie einzuspeisen.

Allein der Energieverbrauch durch HVAC-Anlagen ist schon ein Schlüsselfaktor für die Betriebskosten eines Rechenzentrums. Denn wenn der PUE-Wert für den Stromverbrauch auf ein Minimum gesenkt werden soll, ist dies nur im Zusammenspiel mit der Leistung der eingesetzten Kühlsysteme möglich. Selbst wenn die Wärme aus der Rechenleistung mithilfe der effizientesten Kühllösungen abgeführt wird: Die Stromkosten für den Betrieb eines Rechenzentrums werden nicht unter die Summe der Kosten für die Leistung der verwendeten Rechenanlagen sinken.

Ebenso ist die Messung des Energieverbrauchs verschiedener Prozesse und Systeme zwar ein wichtiger Faktor für einen kosteneffizienten Betrieb – allerdings nur, wenn diese ganzheitliche Verbrauchskontrolle auch weitere Verbesserungen und Effizienzsteigerungen zur Folge hat. Ein naheliegendes Beispiel liegt in der Möglichkeit zur individuellen Steuerung von Systemen und/oder Geräten. Ist diese aktiviert, kann das Microgrid unkritische Systeme und Prozesse abschalten, um Energie zu sparen. Der gespeicherte Strom lässt sich im Anschluss wieder an den Netzbetreiber verkaufen, wenn es am wirtschaftlichsten ist.

Darüber hinaus trägt die Technologie zum Ausbau erneuerbarer Energien bei, um Treibhausgasemissionen zu minimieren. Der Verbrauch von Elektrizität und fossilen Brennstoffen ist Teil der Formel für die Berechnung der CO2-Bilanz – was die Steuerung dieses Konsums und die Nutzung umweltfreundlicherer Energiequellen deshalb oft zu einem wichtigen Bestandteil zur Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen macht.

Angesichts ihres hohen Bedarfs an kontinuierlicher, sauberer und erschwinglicher Energie sind Rechenzentren ein idealer Anwendungsbereich für Microgrids. Für die Manager von Rechenzentrumsinfrastrukturen ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, um eine solche Lösung einzuführen: Die Technologie ist ausgereift und die Systeme sind erschwinglicher und einfacher zu implementieren als je zuvor. Schätzungen zufolge wird die weltweite Microgrid-Kapazität deshalb jährlich um über 20 % wachsen.

Schätzung der jährlichen Microgrid-Kapazitäten und -Ausgaben nach Region zwischen 2018 und 2027
Quelle: Schneider Electric

Auch die Gesamtkosten für die Installation von Microgrids sind laut Schneider Electric seit 2014 um etwa 25 bis 30 % gesunken – und dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich fortsetzen.

Wer den Einsatz von Microgrids in Erwägung zieht, sollte jedoch zunächst eine Machbarkeitsstudie durchführen. So lassen sich vorab die organisatorischen Vorteile bestimmen und die Investition mit der erwarteten Rendite sowie den wirtschaftlichen Gewinn-Potenzialen vergleichen – auch unter Berücksichtigung einer verbesserten Resilienz.

Microgrids sind optimierte Lösungen, die Folgendes berücksichtigen:

  • die richtige Dimensionierung von verteilten Energieressourcen (DER), um die Energieziele des Rechenzentrums zu erreichen. Die Auswahl dieser Energiequellen hängt dabei vor allem von wirtschaftlichen und ökologischen Überlegungen ab.

  • die Verwendung von modularen und vorgefertigten Designs für die Installation, den Betrieb und die Wartung der Übertragungsleitung.

  • die Finanzierungs- und Betriebskosten zur Optimierung der Investitionen und des Managements. Wie viele andere Kapital- oder Infrastrukturinvestitionen können Microgrids direkt bezahlt oder über einen längeren Zeitraum finanziert werden. Unter den verschiedenen Möglichkeiten ist besonders das „Microgrid-as-a-Service“-Konzept beliebt.

Daneben kann ein Mikronetzsystem auch als dreischichtige Architektur betrachtet werden. Die erste Ebene umfasst zunächst alle intelligenten (IoT-fähigen) angeschlossenen Produkte, einschließlich Überwachungs- und Steuergeräten, verteilten Energieanlagen usw.

Auf der mittleren Ebene erfolgt die „Edge Control“ in Echtzeit. Eine Kombination aus Microgrid-Controllern und zugehöriger Software überwacht dabei alle Anlagen. So kann sie kritische Entscheidungen treffen und kostenoptimierte Maßnahmen ergreifen, um die Resilienz zu erhöhen und die Energienutzung zu maximieren.

Microgrid-Controller haben viele Ähnlichkeiten mit anderen Systemen zur übergeordneten Steuerung und Datenerfassung (SCADA). Diese Geräte und Prozesse lassen sich deshalb ebenso in die Netzplanung und den Betrieb integrieren.

Die oberste Schicht umfasst Anwendungen, Analysen und Supportdienste, die die Microgrid-Lösung ergänzen. Diese fortschrittlichen Energieanalysen werden häufig in der Cloud gehostet und helfen bei der Optimierung: So lässt sich kontrollieren, wann und wie Energie erzeugt, verbraucht oder gespeichert werden soll – um die Kosten zu minimieren und die Nachhaltigkeit zu maximieren.

Fortschrittlichere Microgrid-Lösungen bieten auch proaktive Schutzfunktionen. Als Reaktion auf Wetterdaten und -warnungen kann ein System herannahende Bedingungen „vorhersagen“ und sich darauf vorbereiten. So trennt es sich beispielsweise vor dem Eintreffen eines größeren Sturms vom Netz und räumt dem Betriebspersonal genügend Zeit ein, um Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.

Sind die Einrichtung und der Resilienztest des Mikronetzwerks erfolgreich verlaufen, erfordert es im laufenden Betrieb nur wenige Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen. Obwohl es für die Ausführung täglicher Aufgaben ausgelegt ist, arbeitet ein Microgrid im Standby-Modus. So überwacht es den Zustand und die Leistung des Systems und ist jederzeit in der Lage, im Notfall die Kontrolle zu übernehmen.

Microgrid-Steuerungen und -Software sind nicht nur wachsam bei der Erkennung von Ausfällen und Anomalien, sondern ermöglichen auch das Remote Monitoring von Systemzustand und Leistung. Neben den Komponenten des Mikronetz-Systems selbst gehören dazu auch andere SCADA-fähige Geräte wie Heizungs- und Belüftungsanlagen – geschäftskritische Faktoren in einem Rechenzentrum, die sich über das Microgrid aus der Ferne überwachen und steuern lassen.